From august 25th 2007 till februari 1st 2008 I will stay in India ...

Donnerstag, 27. September 2007

Valide Testabnahmen

Wahnsinn! Der chaotische Tag (1. Screeningstag) ist vorerst zuende…
Zur Zeit regnet es wie in Strömen, aber im trockenen Bungalow ist es gerade ganz ruhig und die kühle Luft sehr angenehm. Alle bis auf Jelena, eine Praktikantin von der AWO, sind außer Haus. Sturmfreie Bude!
Das Chaos begann schon heute morgen, als es hieß: „Die Materialien für das Screeningscamp sind noch vollständig. Einige Studenten fahren deshalb noch in die Stadt.“ Na super, … und wir machten uns einen Tag zuvor so einen Stress, das Testinstrument noch bis zum Nachmittag zu übersetzen und den Studenten der Teacher School die Abnahme zu erläutern. Um halb zehn sollte schon das erste Kind in dem Untersuchungsraum sein, doch wir, natürlich etwas überfordert mit der Unpünktlichkeit, der fehlenden Planung und der Ruhe in der Ausführung jeder „indischen Handlung“, waren „etwas“ verwirrt als wir erst gegen halb zwölf überhaupt in den Raum konnten. Mit einer Selbstverständlichkeit wurde auch dann erst der Raum für die Testabnahmen vorbereitet. Perfekt! Zwei Kinder wurden in einem Raum getestet. Insgesamt waren wir mit 9 Personen in einem 16m² großen Klassenraum (die Logopädin, vier Studenten, die zwei Patienten und wir, Steffi und ich). Das klingt nach einer guten Vorraussetzung geistig und körperlich behinderte Kinder zu testen! Für die Konzentration und Ablenkung wurde auch gesorgt. Nicht nur eine Person redete auf das Kind ein, sondern mindestens zwei. Und jeder Verlangte etwas anderes von der Testperson. Klasse!!
Feedback, und in diesem Fall mußten ausgeführte Handlungen auch korrigiert werden. Doch wie kann mit einer großen Sprachbarriere Feedback geben, ohne dass Mißverständnisse oder das Gefühl von oben herab behandelt zu werden entstehen!? Während meiner Studiumszeit wurde dies oft durchgekaut und in die Praxis umgesetzt. Nun war es dringend nötig und ich versuchte des öfteren mein Glück. Ich bewegte mich nicht selten auf dünnem Eis. Obwohl ich immer brav J meine sozialen und kommunikativen Fähigkeiten sowie meine Feedbackrichtlinien einsetzte, veränderte sich der zu anfangs kooperative und interessierte Blick zu einem fragenden und später genervten Kopfschütteln (übrigens das indische „Ja“). Die verbesserten Beispiele, die ich gab, brachten im Laufe der Testabnahmen das erhoffte Ziel, so dass es mich bestärkte mit dem Feedback weiter zu machen.
Am Ende des Tages brachte ein abschließendes Lob an die Untersucherin noch ein Lächeln in das dunkle Gesicht mit den blitzenden weißen Zähnen.
Trotz der fehlenden Organisation und Fähigkeiten der Studenten (Aber was soll man auch erwarten wenn sie nicht zum Logopäden ausgebildet werden und den Test noch nie in ihrem Leben gesehen geschweige denn durchgeführt haben?) habe ich mich amüsiert über die indische Mentalität, Kultur und natürlich auch Arbeitsweise. Obwohl ich mich immer wieder erwischte Dinge mit Deutschland oder den Niederlanden zu vergleichen, denke ich, dass ich nichts des heute Erlebten, beurteilt habe. In Gedanken vertieft, beobachtete ich ein bislang unbekanntes Indien. Ich war die Ruhe in Person und genoß es dieses „andere Indien“ kennenzulernen.
Morgen geht es weiter und ich hoffe, dass es möglich ist, nicht nur zwei Kinder an einem vierstündigen Arbeitstag zu screenen … denn schliesslich stehen insgesamt 69 Kinder auf unserer Liste!

Bye aus dem Bungalow namens Tungabatra
Patricia

Sonntag, 23. September 2007

Incredible India


Wenn Kühe nicht mehr den Straßenverkehr behinderten
... wenn die Rikschafahrer nicht so dreist wären und am Ende der Fahrt den vorab festgelegten Betrag erhöhten
... und wenn dieser nicht jede 2 Minuten etwas Bräunliches aus dem Fahrzeug spucken würde
... wenn ich auf den Straßen den Geruchsmasala (Geruchsgemisch) nicht einatmen würde
... wenn sich die Rikschafahrt von A nach B nicht zu einer Karussellfahrt entwickelte
... wenn ich nicht fast jeden dritten Tag zum Airtel-Shop (Mobilfunkgesellschaft) fahren müßte, damit meine Karte wieder freigeschaltet wird
... wenn die Schulkinder nicht immer „Anti, anti“ und „Photo, photo“ rufen würden
... wenn der nette Wächter vom LHC mich nicht jeden Tag freundlich mit „Good morning/afternoon/evening/night, Mam“ begrüßen würde und dabei respektvoll aufstände
... wenn ich nicht jeden dritten Tag meine Klamotten in einem Eimer waschen müßte um später festzustellen, dass kleine gelbe Flecken die Stoffe zieren
... wenn Wasser im Haus nicht Mangelware wäre
... wenn Geckos und Kackerlacken nicht meine Mitbewohner wären
... wenn der Ventilator keinen Flugzeugpropeller imitiere
... wenn die Inder nicht immer mit einer geschwungenen Ja-Kopfbewegung reagierten obwohl sie meistens nicht verstehen was der Ausländer ihnen zu erklären oder fragen versucht.
... wenn ich am Wochenende nicht auch, für indische Verhältnisse, teure Restaurants und Clubs kennenlernte und auf internationaler Musik tanzen würde
...
DANN wäre alles nur halb so amüsant, schön und interessant!!!

Vor genau einem Monat wartete ich über eine Stunde am Flughafen auf den Chauffeur vom LHC und ließ alle folgenden Geschehnisse und Eindrücke einfach nur auf mich wirken, ohne mir eine konkrete Meinung zu bilden oder gar über Gesehenes, Gehörtes oder Gerochenes zu urteilen.
In der letzten Woche konnte ich mich in meine Projekte für mein logopädisches Praktikum einarbeiten und bekam dafür sogar einen Tisch zur Verfügung gestellt (an dem ich auch demnächst die meiste Zeit arbeiten werde), was in den Tagen zuvor nicht möglich gewesen ist. Es hat sich nun nämlich herausgestellt, dass ich weniger mit den Kindern zu tun haben werde, dafür aber mit der Begleiterin, den Lehrern und der Logopädin zusammenarbeiten werde.
Gestern bin ich mit der Gruppe aus dem Bungalow und einigen Bekannten der letzten Wochen wieder in die „westliche Welt“ eingetaucht. Der Film, der letzten 2 Wochenenden wiederholte sich.

Ich sende Euch liebe Grüße nach Europa und hoffe, dass sie früher ankommen als die Post :-) !