From august 25th 2007 till februari 1st 2008 I will stay in India ...

Donnerstag, 20. Dezember 2007

Ein Tag spaeter kann ich nun endlich diesen Post veroeffentlichen... (gestern gab es oft keinen Strom oder keine Internetverbindung)

Es sind 6.00 Uhr in Deutschland, 4.00 Uhr in Portugal und hier in Indien schon 10.30 Uhr. Die Nacht war sehr ‚stürmisch’. Es war sehr windig und seit gestern Morgen regnete es. Nun hat sich das Wetter etwas beruhigt. Heute Morgen wurde ich von Nico, einem der letzten Mitbewohner, geweckt. Er begann Eimer für die ‚morgendliche Wäsche’ mit heißem Wasser zu füllen. Da die Toilette, in der es das heiße Wasser gibt, bei uns im Zimmer ist und die beiden Räume nur von einer nicht durchgezogenen Wand voneinander getrennt sind, wurde ich natürlich wach. Aber es war sowieso Zeit auf zu stehen. Ich habe mir für heute einige Ziele gesetzt. Mein letztes Projekt soll zuende gestellt werden und ich kann endlich meine Kleidungsstücke beim Schneider abholen. Ausserdem werden die Hotels für die Rundreise hoffentlich gebucht und ich erfahre endgültig wie viele Kilos ich als Gepäck mit nach Deutschland mitnehmen kann, denn es gibt unzählige, widerstreitige Aussagen darüber.

Am letzten Wochenende waren wir irgendwo zwischen Ooty und Mudumalai im Dschungel bzw. Nationalparkgebiet. Die Fahrt dorthin forderte viel Energie und Geduld. Wir fuhren über Nacht und schliefen in einem nicht wirklich komfortablen 2.Klasse Schlafwagon. Rücken- und Kopfschmerzen schon eingeplant… Angekommen in Coimbatore mußten wir noch fast 4 Stunden auf Serpentinenstraßen rumkurven. Es war dunkel und erst bei der drei Tage späteren Rückfahrt am Mittag wurde mir bewusst wie steil die Gebirge und wie schmal die kurvigen Straßen sind. Übelkeit vorprogrammiert…
Wir hatten ein Haus zwischen mehreren Bergen. Von unserem Zimmer hatten wir die Aussicht auf einen kleinen Berg, den wir nach dem Mittagessen bestiegen. Später am Tage gingen wir die Umgebung zu Fuß erkunden. Es war eiskalt und für uns natürlich eine extreme Umstellung, da wir seit 4 Monaten mit der Hitze leben. Leider haben wir dann noch keine Tiere sichten können. Nico entschloss sich noch an diesem Abend wieder zurück zu fahren, so dass wir zu zweit und dem Bekannten dort blieben. Der zweite Tag versprach eine Dschungelsafari. Wir trafen einen Freund des Bekannten und den zuständigen Förster mit denen wir dann in einen Jeep den Dschungel fuhren.
Frische Luft … Gebüsche … Bäume … Stille … nur noch der Motor des Autos … Elefantenkot … „Sie müssen irgendwo hier in der Nähe sein. Die Spuren sind frisch“… hörte man nur… Wildschweine … Affen … Rehe … ein türkisfarbener kleiner Vogel sowie Pfaue und Elefanten … „Die Elefanten sind zu weit weg. Können wir nicht aussteigen?“ sagte ich irgendwann und bekam die Antwort: „Bist du verrückt. Das ist total gefährlich!“… Ich muss ehrlich gestehen, dass ich mir der Gefahr nicht bewusst war :-). Elefanten sehen doch soooo süß aus...
Am Abend haben wir im Vorgarten unseres Hauses zu Abend gegessen. Sehr lecker! Danach entstand die verrückte Idee den kleinen Berg des Vortages zu besteigen. Das folgende Abenteuer werde ich wohl nur in Stichworten beschreiben… damit ihr euch eine Geschichte zusammenreimen könnt: 4 Personen… 3 Uhr morgens … alle bis auf Einen nüchtern … Flasche Wasser … eine Taschenlampe … Abkürzung zwischen elektrischem Drahtzaun … der Kampf nach oben … ein Sturz … angekommen! … Gedanken: Weltkugel, Weite, Zukunft … wahnsinnige Aussicht … wunderschöne Lichter am Horizont … starker Wind … frische Luft … der Weg zurück … wo ist der Pfad? … wir sind falsch … zurück … hoch … hier können wir runter … bröckelnde Steine … Stacheln am Po … Lachen … wieder hoch … bröckelnde Steine … endlich fest verankerte Steine und Felsenreste … trotzdem ein Autsch hier und ein Vorsicht da … angekommen… Eis mit ‚Sugarballs’ (ein indischer Nachtisch aus Mehl und Zucker) und Brandy … ausnahmsweise!!
In der Nacht schliefen Steffi und ich draußen auf dem Balkon. Die Nacht war frisch so dass ich um 5 Uhr morgens beschloß doch noch drinnen weiter zu träumen.
Am nächsten Tag (Sonntag) ging es zurück nach Coimbatore um am nächsten Morgen den Zug nach Chennai zu nehmen. An dem Abend besuchten wir noch eine Kinovorstellung. Ich war total müde von den kurzen Nächten zuvor und meine Rückenschmerzen machten es mir unmöglich den seltsamen indischen Film zu verfolgen. Back to Chennai hieß dann auch für mich back to ‚my indian reality’! … Chaos, Schmutz, Abgase und hektische Menschen.

Am Wochenende zuvor besuchte ich mit Steffi ein Dorf außerhalb von Chennai. Ein Dozent der Ausbildungsstätte ‚School for Special Education’ lud und zu sich ein. Unser ‚Abenteuer’ begann mit einer 2 stündigen Busfahrt durch Chennai. Im Bus wurde mir wieder klar, dass in Indien bin, am anderen Ende der Welt. Am Straßenrand wusch eine Mutter mit ihrem Kind ihre Wäsche. Im Bus selber saßen die Frauen links und die Männer rechts. Ich hatte einen Chudidar an und an meinem Rücken hatte sich ein kleiner Hacken geöffnet. Eine junge indische Frau versuchte es mir freundlich während dem Geruckel zu zustecken. Hinterher dachte ich über diese Situation nach … niemand in Deutschland hätte mich darauf aufmerksam gemacht, geschweige denn mir geholfen es zu zustecken.
Als wir in der kleinen Vorstadt von Chennai ankamen um vom Dozenten und seiner Bekannten abgeholt zu werden, war natürlich keiner da. Wir warteten wie so oft ‚eine indische Stunde’ und wurden in der Zeit von dreisten, jungen Bettlerinnen mit Kind angefaßt und nach Geld gefragt. In einem ausgeliehenen Dorfauto wurden wir in das Dorf ‚ ...’ gefahren, wo die ganze Familie und Dorfbewohner uns herzlich aber doch zurückhaltend begrüßten. In einem etwa 4 km² Zimmer saßen wir auf einer Matte auf dem Boden. Der Dozent und seine Bekannte saßen auf dem kahlen Betonboden und wollten sich nach unseren Aufforderungen nicht zu uns auf die Matte setzen. Es wurde uns ein Ventilator hingestellt und wir bekamen Knabberzeug zu essen um unseren Hunger (wie sie vermuteten, wir es aber negierten) zu überbrücken bis das Mittagessen fertig war. Später wurden wir der Familie vorgestellt und durften beim Kochen zu sehen. Wir bekamen sehr leckeres Essen und ich habe sogar andere Spezialitäten also nur den ekligen gekochten Reis gegessen. Als ‚Zwischengetränk’ vor dem Mittagessen gab es einen Milchshake aus Granatapfel (Super lecker!) und als Nachtisch etwas wie Milchreis mit Rosinen, Cashewnüssen und Gewürzen, die ich noch nie probiert hatte. Ein Geschmackserlebnis der positiven Art!! Zwischendurch saßen wir in dem Wohn- und Schlafbereich der Eltern, welches aus ebenfalls höchstens 4 km² bestand. Der Übergang zur 3 km² kleinen Küche war offen. Während des Mittagsessen stellte ich wieder ein Unterschied zu der westlichen Kultur kennen. Uns wurde das Essen gereicht, aber die Inder selber wollten nicht mitessen. Nach langem Überreden holten sie sich auch Teller und aßen mit. Als ‚Verdauungsspaziergang’ wurden wir den anderen Familienmitgliedern (Onkeln, Tanten …) vorgestellt und natürlich auch der Ehefrau des ‚Bürgermeisters’ des Dorfes.
Am Nachmittag wurden wir mit einem Roller und einem Motorrad in die Natur ‚entführt’. Die frische Luft im Gesicht und die tiefliegende Sonne weckten in mir das Gefühl von Freiheit. Wir besuchten ein Altenheim in der Natur, dessen Gründer ein orthodoxer Priester ist und für den Dozenten die Rolle eines Vaters übernommen hatte. Die Räumlichkeiten betraten wir, wie üblich in Indien, ohne Schuhe und als ich spätestens in Toilettennähe Flüssigkeit auf dem Boden gesehen habe, war ich froh gegen das Meiste geimpft zu sein und in diesen Umständen nicht arbeiten zu müssen. Die Pfleger waren sehr freundlich und auch dort wurde uns wieder Essen angeboten. Danach erkundeten wir den Garten der Institution und es wurden obligatorische Fotos geschossen.
Lustiger Höhepunkt des Abenteuers fand während der Rückfahrt in das Dorf statt. An einigen Straßenstellen stellte ich schon bei der Hinfahrt fest, dass wir recht unsicher über schmale Stellen fuhren bei denen links und rechts Schlammmasse und Löcher waren. Während der Rückfahrt verlor das Motorrad mit einem Fahrer und zwei Mädels an so einer Stelle das Gleichgewicht. Erst Stille … kein Motorgeräusch mehr … dann Lachen … am Ende ein Beweisfoto. Natürlich kann so eine Situation auch Böse enden, bei der niedrigen Geschwindigkeit und dem guten Ausgang konnte doch jeder darüber. Steffi fuhr mit einer schmutzigen, weißen Hose nach Hause.

Jetzt ist es schon 9.30 Uhr in Deutschland, 8.30 Uhr in Portugal und hier 11.00 Uhr. Zwischendurch habe ich noch einiges für meine Projektberichte erledigt, zu Mittag gegessen und mit den anderen Studentinnen aus der Schuler für Weihnachten einen Tanz einstudiert.

Eine nicht allzu stressige Weihnachtszeit und eine große Umarmung nach Europa!
Patricia